Domspatzen als Vorreiter im Probenpooling
Gurgel-Studie zur Ausbruchsvermeidung von Corona geht in die nächste Runde. Teststrategie und Hygienekonzept machen auch Singen sicherer.
Dank einer mit der KUNO Klinik St. Hedwig durchgeführten Pilotstudie zur Corona-Ausbruchsvermeidung mittels Gurgel-Selbsttests können Lehrkräfte, Schüler und Eltern der Domspatzen dem bevorstehenden Schul- und Chorbetrieb vor Ort zuversichtlich entgegensehen. Mehr noch: Sie können stolz darauf sein, dass das Pilotprojekt nun weiterentwickelt wird. Professor Dr. Michael Kabesch, ärztlicher Direktor der Hedwigsklinik und wissenschaftlicher Leiter der Studie, sagt: „Das, was wir gemeinsam mit den Domspatzen optimiert und auf Machbarkeit getestet haben, geht nun mit der Studie WICOVIR in die nächste Runde.“ WICOVIR steht für „Wo ist das Corona-Virus“. Dieser Frage geht man mit der innovativen Pooling-Methode mittels Gurgellösung in Regensburg inzwischen nicht nur bei den Domspatzen, sondern auch an neun weiteren Schulen nach. Kabesch möchte das, was er mithilfe der Domspatzen entwickelt hat, gar auf ganz Regensburg und darüber hinaus ausweiten. Eine Kooperation mit weiteren 70 Einrichtungen in Erlangen läuft bereits.
Seit Anfang Februar kommt Yannick Atzenbeck aus der Q12 des Domspatzen-Gymnasiums regelmäßig mit zwei Teströhrchen in der Tasche zur Schule. Gleich nach dem Aufstehen, noch vor dem Zähneputzen, hat er mit ganz normalem Leitungswasser gegurgelt und das Rachenspülwasser in zwei Röhrchen gefüllt. In einer eigens dafür eingerichteten Annahmestation im Domspatzen-Gymnasium schüttet er kontaktfrei die Flüssigkeit des einen Röhrchens in ein Sammelgefäß. Das andere Röhrchen behält er für alle Fälle, wenn einzeln nachgetestet werden müsste. Die abgegebenen Proben werden in einem Becher gesammelt und zusammen, „im Pool“, getestet. Mitarbeitende des an der Hedwigsklinik angesiedelten Wissenschafts- und Entwicklungscampus Regensburg (WeCARE) holen die Testpools an den Testtagen ab und bringen sie ins Labor. Die Auswertung erfolgt als PCR-Analyse, die Ergebnisse liegen im besten Fall noch bis Mittag vor. „Pooling“ nennt sich das Verfahren deshalb, weil Schüler in Pools zusammengefasst werden. Die Pools können von der Schule jedes Mal neu und zweckmäßig zusammengestellt werden. Im Fall der Domspatzen entsprechen die Pools aktuell den Klassen oder Chorgruppen; momentan, wo im Gymnasium nur die Q12 im Präsenzunterricht ist, bildet diese drei Pools.
So sieht die Teststation bei den Domspatzen aus: Eine Lehrkraft oder eine pädagogische Fachkraft organisiert gemeinam mit einem Schulsanitäter die Testabgabe am Morgen, vor Beginn des Unterrichts. (Foto: Weigl/Domspatzen).
Teststrategie und Hygienekonzept machen Singen sicherer
Von Oktober bis Weihnachten 2020 haben 84 Prozent der Schüler am Domspatzen-Gymnasium über 16 Wochen lang die Gurgeltests im Pool bereits durchgeführt. Diese Studie lief unter dem Namen STACADO. Die Studie lieferte wichtige Aussagen darüber, wie durch intelligentes Testen an Schulen oder Kultureinrichtungen eine Corona-Infektion frühzeitig erkannt und ein Ausbruchsgeschehen verhindert werden kann. Es wurde dafür künstliche Intelligenz (KI) mit kindergerechtem Testen, neuen Testmethoden und moderner Kommunikation verknüpft. Nicht alle Schüler eines Pools, also einer Stimmgruppe, wurden ständig getestet, die Auswahl übernahm die KI. Noch am selben Tag bekam der getestet Sänger per Handy Bescheid, wie sein Test ausgefallen ist. Durch das Zusammenspiel von Hygiene- und Schutzmaßnahmen und regelmäßiger kluger Testung konnte das Risiko eines Ausbruchs um ein Vielfaches minimiert werden. „Die Domspatzen haben nach meinem Dafürhalten ein exzellentes Konzept entwickelt, um die Sicherheit ihrer Schüler zu gewährleisten und gleichzeitig den Chorgesang zu ermöglichen. In Kombination mit intelligenter Testung ist das top“, sagte Professor Kabesch. Es konnte außerdem in einem Fall gezeigt werden, dass ein infizierter Sänger seine Mitsänger beim Singen nicht ansteckt hat, da auch die vorgegebenen Abstände eingehalten wurden, der Raum entsprechend groß war und das Hygienekonzept eingehalten wurde.
Yannick Atzenbeck ist aktiver Schulsanitäter und erklärt im Video, wie das Homegurgeln genau funktioniert.
„Homegurgeln“ statt Homeschooling
Mindestens zwei Drittel der zu testenden Einrichtung müssen laut Professor Kabesch an dem Pooling teilnehmen, damit Corona-Ausbrüche relativ sicher vermieden werden können. Die Domspatzen sind für ihn eine ideale Testeinrichtung, nicht nur, weil die Teilnahme-Bereitschaft hier groß war. „Auch die Umsetzung ging Hand in Hand. Die Domspatzen haben uns beispielsweise Rückmeldung darüber gegeben, dass das Gurgeln mit Wasser angenehmer empfunden wird, als mit Kochsalzlösung. Sie haben Ideen entwickelt, wie die interne Information ablaufen kann, zum Beispiel, indem sie ihre Schulsanitäter eingesetzt haben, die dann von Klasse zu Klasse gegangen sind und erklärt haben, wie das mit dem Gurgeln abläuft.“
Auf diese Weise konnten Professor Kabesch und sein Team einen Ablaufplan entwickeln, in dem sämtliche logistischen, datenschutzrechtlichen oder sonstige Fragestellungen berücksichtigt werden. Ein wasserdichtes Corona-Pooling-Verfahren also, das vor allem Schulen in der Bewältigung der Krise weiterhelfen kann. „Wir haben mit STACADO die Erfahrung gemacht, wie auch beim Höherskalieren alles klappen kann“, sagt Kabesch. Nun gebe es die technische und logistische Infrastruktur um noch viel mehr Menschen regelmäßig durch Pooling zu testen. Bis Schuljahresende wollen er und sein Team 36000 Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte mit wöchentlich rund 72000 Proben testen. Der Antrag beim zuständigen Ministerium in München wurde dafür nun genehmigt.
KUNO-Klinik St. Hedwig – Partner der Domspatzen
Als Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin ist die KUNO-Klinik St. Hedwig seit 2019 ein kompetenter Partner für die medizinische Betreuung der Regensburger Domspatzen – ob im Ausland oder vor Ort in Regensburg. Die Kooperation der Klinik mit dem weltberühmten Knabenchor lässt sich unter dem Motto „Spitzenmedizin trifft Spitzenchor“ zusammenfassen. Wer zu den Domspatzen kommt, sei also auch gesundheitlich optimal betreut. Auch Buben mit einer chronischen Erkrankung sind hier gut umsorgt. Fachärzte der Klinik begleiten die Domspatzen ehrenamtlich auf großen Auslandsreisen und stehen bei allen anderen Reisen per Telemedizin als Ansprechpartner zur Verfügung. Die Domspatzen bekommen eine Ambulante Betreuung in allen Spezialfächern, und zwar so, dass sie mit Auftrittsterminen und Proben vereinbar ist.
Die Regensburger Domspatzen
Die Regensburger Domspatzen gehören zu den besten Knabenchören weltweit. Zum Campus der Domspatzen gehören neben dem Chor- und Stimmbildungsbereich auch eine Grundschule, ein Gymnasium und ein Internat. Ganztagsbetreuung ist seit Jahrzehnten selbstverständlich. Das neue, topmoderne Gymnasium hat einen musischen und einen naturwissenschaftlich-technologischen Zweig. Zur Schulausbildung gehört auch der kostenlose Unterricht in mindestens einem Instrument.