Der erste „Tag der Demokratie“ bei den Regensburger Domspatzen bot ein volles Programm und hochkarätige Gastreferentinnen. Die renommierte Politikwissenschaftlerin Dr. Ursula Münch kam dafür gerne nach Regensburg. Politische Bildung gehört unbedingt zum Schulportfolio des Domspatzengymnasiums.

„Da bin ich aber nicht dafür, das ist doch ungerecht!“ Energisch widerspricht Teresa ihren Klassenkameraden Samuel und Julian bei der Gruppenarbeit zum Themenblock „Soziale Gruppen – Familie“. Die drei Fünftklässler sollen sich darauf einigen, wer Hauptverdiener in der Familie sein sollte. Die Jungs sind für den Vater bzw. Ehemann, Teresa ist anderer Meinung. Bei der nächsten Frage aber sind sie sich wieder einig: Für die gleiche Arbeit sollten Frauen und Männer auch gleich bezahlt werden. Während die Fünftklässler in ihren Klassenzimmern weiter lautstark über die Rollenverteilung im Dreieck Vater-Mutter-Kind diskutieren, zeigen im Wolfgang-Saal die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe dem Extremismus die rote Karte. Gemeinsam mit der renommierten Politikwissenschaftlerin, Professorin Dr. Ursula Münch, Leiterin der Akademie für politische Bildung in Tutzing, stimmen sie über Aussagen ab, die durch die Öffentlichkeit gingen. Ob „Judenpresse“ oder „Globalisten“ – die älteren Schülerinnen und Schüler machen sich Gedanken darüber, was als „normal“, „extrem“ oder „extremistisch“ zu bewerten ist.

Am erstmals durchgeführten „Tag der Demokratie“ am Gymnasium der Regensburger Domspatzen war der Themenbogen von der Unterstufe bis zu den Abiturklassen weit gespannt: Umweltschutz, Antisemitismus, Medien und die DDR standen unter anderem auf dem Programm. Initiiert hat den Aktionstag Schulleiterin Christine Lohse. „Politische Bildung ist mir sehr wichtig und soll auch hier als feste Säule im Schulalltag verankert werden“, sagt sie. Deshalb hat sie sich mit Kolleginnen und Kollegen vor allem aus dem Fachbereich Sozialkunde zusammengetan. Gemeinsam haben sie sich Gedanken darüber gemacht, was die Kinder und Jugendlichen interessieren könnte. Entstanden ist dabei ein Vormittag mit Referentinnen, Exkursionen und ganz viel Diskussionsstoff.

 

Von Klimaschutz über Gerechtigkeit bis hin zu Extremismus

In den sechsten Klassen waren Elfi Weiß und Lisa Fieger zu Gast. Die beiden Masterstudentinnen von der Universität Regensburg haben auf ehrenamtlicher Basis das Projekt „Politik verstehen“ ins Leben gerufen. An Schulen sprechen sie über Fake News oder, wie bei den Domspatzen, über Klima- und Umweltschutz. „Wie viel Verpackungsmüll produzieren die Deutschen im Jahr? Wie lange dauert es, bis Plastik sich abbaut? Wie viel Prozent des Wassers weltweit kann als Trinkwasser verwendet werden?“: Beim Quiz um Plastik und CO2 bleiben erstaunte Ausrufe der Jungen und Mädchen nicht aus. „Ich hätte nie gedacht, dass so viele Menschen vom Klimawandel betroffen sind und dass er so viel Geld kostet“, sagt der elfjährige Alexander, der sich gemerkt hat, dass die EU mehr als eine halbe Milliarde Euro für die Überschwemmungen 2021 in Nordrheinwestfalen und im Ahrtal bereitgestellt hat. Für ihn selbst sei Umweltschutz auch sehr wichtig: „Zum Fußball und zum Tennis fahre ich immer mit dem Rad, auch bei Regen“, sagt der Elfjährige. Mitschülerin Klara, ebenfalls elf Jahre alt, verzichtet aktuell in der Fastenzeit auf Fleisch; denn auch damit lässt sich sehr viel CO2 einsparen, wie im Quiz zu erfahren ist.

Eine Zeitzeugin berichtet

Im Chorsaal Rädlinger steht an diesem Vormittag Jeanne Turczynski den Zehntklässlern Rede und Antwort. 1982 hat sie als Kind mit ihren Eltern die DDR verlassen – nach mehreren nicht genehmigten Ausreiseanträgen und einem gescheiterten Fluchtversuch der Großeltern. Als Zeitzeugin berichtete sie von ihren Erinnerungen an die DDR und wie sie persönlich „den Westen“ erlebt hat. Die Schülerinnen und Schüler interessieren die Details: Was war neu für sie, als sie in die BRD kam (Nutella unrationiert); war sie danach nochmal in der DDR gewesen (ja, und zwar alleine bei den dortgebliebenen Großeltern) etc. – Zeitgeschichte für die Jugendlichen anschaulich erzählt.

Schulleiterin Christine Lohse (rechts im Bild) ist es ein Anliegen, den „Tag der Demokratie“ auch im Domspatzengymnasium zu etablieren. Für die Premiere konnte sie als Gäste die renommierte Politikwissenschaftlerin, Professorin Dr. Ursula Münch, Leiterin der Akademie für politische Bildung in Tutzing (links im Bild), und DDR-Zeitzeugin Jeanne Turczynski (Bildmitte) gewinnen.
Sie zeigten dem Extremismus die rote Karte – die Oberstufenschülerinnen und -schüler der Gymnasiums der Regensburger Domspatzen.

Direktorin Christine Lohse will den „Tag der Demokratie“ als wiederkehrenden Aktionstag etablieren. Zwar wolle man die Veranstaltung erst noch evaluieren, doch erste Rückmeldungen aus dem Kollegium sind bereits ausgesprochen positiv: „Das war eine richtig gute Sache“, sagt zum Beispiel Geographielehrer Jens Kiesel.

Das Programm am "Tag der Demokratie"

  1. Klassen: „Demokratie“ – Interaktive Module
  2. Klassen: „Gerechtigkeit“: Klimaschutz mit dem Projekt „Politik verstehen“
  3. Klassen: „Augen auf!“ Spiele zum Medienkonsum
  4. Klassen: „Medien als Säule der Demokratie“: Exkursion zu TVA und Gespräch mit BR-Referent
  5. Klassen: „Antisemitismus“: Besuch der Regensburger Synagoge
  6. Klassen: „DDR“ mit Zeitzeugin Jeanne Turczynski

Q11/12: „Extremismus“ mit Prof. Dr. Ursula Münch, Leiterin der Akademie für politische Bildung

Autorin: Tanja Rexhepaj
Fotos: Tanja Rexhepaj, Simon Wagner, Christian Kreikle