Domspatz im zweiten Anlauf

Das Interview mit Andreas Mandl

Als Kind sollte Andreas Mandl (38) zu den Domspatzen nach Regensburg. Dann packte ihn das Heimweh. Aber im zweiten Anlauf ist er dann doch dort gelandet. Seit diesem Schuljahr ist er am Domspatzengymnasium Lehrer für Sport und Latein. Wir haben uns mit ihm über seine ersten Eindrücke nach dem ersten Halbjahr unterhalten. 

Herr Mandl, seit diesem Schuljahr sind sie Lehrer am Gymnasium der Regensburger Domspatzen. Was war vorher?

Aufgewachsen bin ich zusammen mit meinem Bruder bei meinen Eltern in Sankt Oswald. Nach dem Realschulabschluss in Grafenau wechselte ich auf das katholische Privatgymnasium in Fockenfeld (Opf.), ins dortige Internat. Ich wollte unbedingt das Abitur nachholen. Dann studierte ich für Lehramt am Gymnasium in den Fächern Latein und Sport an der Uni Regensburg. Von 2013 bis 2020 war ich am Gymnasium der Benediktiner im Kloster Schäftlarn (Lkr. München) als Lehrer tätig. Nach sieben Jahren suchte ich nun eine neue Herausforderung. Diese bot sich mir bei den Domspatzen.

Warum wollten Sie als Lehrer zu den Domspatzen gehen? Liegt es an der Musik?

Die Zusage von den Domspatzen hat mich total gefreut. Ich wusste, Musik verbindet und gerade hier habe ich neben dem Unterricht mit den Kindern und Jugendlichen eine große Gemeinsamkeit. Meine Kindheit war viel von Musik geprägt. Ich sang bereits als Junge im Kinderchor, nach dem Stimmbruch dann auch als Männerstimme im Tenor. Während meiner Gymnasialzeit war ich ebenfalls im Chor und in der Choralschola, leitete sogar selbst einen kleinen Solistenchor. Dort entdeckte ich auch die Orgel als mein Instrument und bin jetzt kirchenmusikalische in und um Regensburg ein wenig unterwegs. Besonders gern singe ich gregorianischen Choral, die älteste katholische Kirchenmusik. Ich denke, ich passe also bestens zu den Domspatzen.

Stimmt es, dass sie als Kind bereits zu den Domspatzen sollten?

Ja, ich muss gestehen, dass meine Eltern die Domspatzen für mich tatsächlich mal ins Auge gefasst hatten. Aber ich wollte damals nicht von zu Hause weg und schon gar nicht ins Internat. Tja, jetzt bedauere ich es tatsächlich, diese Möglichkeit nicht wahrgenommen zu haben.

Ich bin nach wie vor tief berührt, mit welcher Offenheit und Herzlichkeit die Jungs mich aufgenommen haben.

Andreas MandlLehrer bei den Domspatzen

Was waren Ihre ersten Eindrücke mit den Schülern?

Ein paar Tage vor meinem Dienstantritt war ich schon nervös. Ich wusste nicht, was mich genau erwartet und die Domspatzen sind ja nicht irgendeine Schule! Dann kam der erste Schultag, die erste Unterrichtsstunde, Sport in einer 8. Klasse. Ich bin nach wie vor tief berührt, mit welcher Offenheit und Herzlichkeit die Jungs mich aufgenommen haben. Sie haben es mir sehr leicht gemacht. Es macht total Freude, in dieser familiären und gemeinschaftlichen Atmosphäre zu arbeiten. Die Zusammenarbeit mit der Schulleitung, den Kolleginnen und Kollegen, den Präfektinnen und Präfekten in Tagesbetreuung und Internat ist top. Alle geben täglich ihr Herz, damit es den Jungs gut geht und sie sich wohlfühlen.

Wie schaut ein typischer Schultag bei den Domspatzen eigentlich aus?

Die Domspatzen beginnen den Tag wie alle anderen Schüler auch. Der Unterricht beginnt um 8.00 Uhr. Mittags zaubert das hauseigene Küchenteam jeden Tag frisch leckeres Essen auf den Tisch. Nachmittags finden im Wechsel Freizeitangebote, Studierzeiten und Chorproben statt. Bis 17.00 Uhr dauert der Tag in der Regel für unsere Jungs. Dann sind meistens auch alle Hausaufgaben gemacht. Jeder bekommt außerdem einmal pro Woche professionelle Stimmbildung und kann ohne zusätzliche Kosten ein Instrument erlernen. Wer von den Tagesschülern möchte, kann auch länger am Abend bleiben und die weiteren Angebote wahrnehmen. Natürlich hat uns auch Corona vor neue Herausforderungen gestellt. Ich kann aber sagen, dass wir das sehr gut in den Griff bekommen haben. Dank eines guten digitalen Konzepts und mittels Videokonferenzen gelingt es uns, den Schülern einen strukturierten Distanzunterricht zu garantieren und sogar Chorproben durchzuführen. Auch die Präfektinnen und Präfekten laden auf diese Weise die Schüler nachmittags auf eine Online-Teepause oder einfach nur auf einen Plausch ein.

Andreas Mandl (38)

Welche Fähigkeiten braucht aus Ihrer Sicht ein Domspatz?

Die erste Voraussetzung ist Spaß am Singen und an der Musik. Wir suchen nicht die perfekten Sänger. Das lernen sie alles erst bei uns. Eine gewisse Affinität zur Musik ist neben der gymnasialen Eignung Voraussetzung. Jeder Bewerber muss vor der Aufnahme vorsingen. Das ist ein kleiner launiger Stimm- und Musikcheck, wo hauptsächlich geprüft, ob die Stimme gesund ist und ob der Schüler die Töne richtig nachsingen kann. Jeder Schüler singt in einem Chor. Es gibt drei Chöre mit jeweils einem eigenen Chorleiter. Chef des Chorbereichs ist der Domkapellmeister, der auch der erste Vorstand der gesamten Institution ist und die Musik am Regensburger Dom verantwortet. Die drei Chöre wechseln sich ab und singen sonntags und an kirchlichen Hochfesten im Dom. Aber alle Chöre sind auch unterwegs und singen Konzerte. Der Chor des Domkapellmeisters unternimmt weltweite Konzertreisen. Während des Stimmbruchs singen die Schüler natürlich nicht im Chor, bekommen aber regelmäßig Stimmbildung, so dass sich deren Stimme gut und gesund weiterentwickelt. Ich denke, es gibt viele musisch begabte Jungs, denen es bei den Domspatzen gefallen könnte. Was sich bis jetzt so gesehen haben, verleitet mich zu der Behauptung: Für Jungs, die gern singen, ein kleines Gymnasium suchen und die Welt entdecken wollen, gibt es wohl nichts Besseres.

Gibt es neben der Musik auch noch andere Angebote für die Freizeit?

Da gibt es ein riesiges Angebot. Nicht nur diverse sportliche Angebote wie Fußball auf einem FIFA-Kunstrasenplatz, Floorball, Parcours oder Schwimmen im hauseigenen Schwimmbad, Klettern, sondern auch unterschiedliche Wahlkurse, (z.B. Schulband, Orchester, Theater, Tanz, Werken), Film- bzw. Spieleabende, Ausflüge in die Altstadt und vieles mehr sorgen für die nötige Abwechslung. Wem hier langweilig wird, ist selber schuld. Zudem sind die Domspatzen, vielleicht weil sie diese Möglichkeiten haben und oft zusammen sind, bei schulischen Wettbewerben immer vorn mit dabei. Gerade erst wurde unser Gymnasium erneut als „BwInf-Schule 2020/2021“ ausgezeichnet. Es erfährt damit zum zweiten Mal nacheinander diese Anerkennung für seine besondere Förderung von Informatik-Nachwuchs. Als einzige Schule in Bayern bekamen wir den Schulpreis in Gold. Die digitale Ausstattung am Haus ist außergewöhnlich. Domspatzen waren übrigens vor Jahren bereits die ersten Schüler, die einen Quantencomputer programmieren durften.

Welches Resümee würden sie nach einem halben Jahr als Lehrer bei den Domspatzen ziehen?

Die Regensburger Domspatzen bieten ein tolles Gesamtkonzept, kombiniert mit einmaligen Erlebnissen und viele Möglichkeiten. Ich fühle mich hier pudelwohl und habe hier meinen Bestimmungsort gefunden. Ich hoffe, dass es viele Jungs im ersten Anlauf zu den Domspatzen schaffen. Ich habe zwei Anläufe gebraucht, aber besser spät als nie.

Foto: Domspatzen